Auf der Ostsee-Insel Usedom finden Kunstinteressierte und Radwanderer die Feininger-Route. Auf den Spuren des Malers Lyonel Feininger führt die Rad-Wander-Route entlang an Sehenswürdigkeiten und Ortsansichten im Usedomer Achterland, die der Maler Feininger auf seinen Reisen zur Insel Usedom skizzierte und später in Malereien und Radierungen umsetzte.
Der deutsch-amerikanische Maler Lyonel Feininger (1871-1956), ist vor allem durch Landschaftsmotive in verschiedenen deutschen Regionen bekannt. Eine besondere Vorliebe hegte er für die pommersche Ostseeküste zwischen Rügen und Kolberg (heute Kołobrzeg). Zwischen 1908 und 1921 weilte er fast jährlich auf der Insel Usedom und hat in dieser Zeit unzählige Skizzen geschaffen, die er teilweise später zu Gemälden weiterentwickelte.
Findige Feininger-Liebhaber von der Insel Usedom um den Benzer Pastor i.R. Martin Bartels, den Nepperminer Bürgermeister Karl-Heinz Schröder und Martin Meenke vom Amt Usedom Süd haben nun versucht, die enge Verbundenheit Feiningers mit Usedom auf eine ganz besondere Art zu würdigen, für die Nachwelt zu erhalten und im Wortsinne unübersehbar zu machen.
Anhand der überlieferten Skizzen haben sie versucht, auf den Standort des Malers während seiner Arbeit zu schließen. Das ging nur, weil die meisten der Gebäude als Orientierungspunkte noch erhalten sind. Vielleicht ist den Initiatoren und dem Textautor dieses Buches noch gar nicht bewusst, welche Perle sie damit geschaffen haben. Auf den ersten Blick ist es schlicht und einfach eine Wegbeschreibung. Mit weiteren Blicken und etwas Geduld erschließt sich dann der Wert dieser Publikation.
Daraus wurde die so genannte Feininger-Route entwickelt, eine mit Hilfe dieses Buches mögliche Tour auf den Spuren des Malers und seiner Arbeit. 45 in den Boden eingelassene nummerierte Bronzeplatten kennzeichnen Standort und Blickrichtung des Malers bei der Entstehung seiner Skizzen und sind die äußeren Merkmale dieser Route, die auch durch markante weiß-blaue Wegweiser ausgeschildert ist.
Aufgeteilt ist die Tour in zwei Rundkurse, die beide von Feiningers „Lieblingskirche“ in Benz ausgehen. Der erste verläuft über knapp 15 Kilometer in westliche Richtung bis Neppermin, Balm, und über Mellenthin zurück, der zweite, etwa 50 km lang, führt von Benz über Bansin, Heringsdorf, Ahlbeck, Swinemünde, Zirchow, Korswandt, Gothen, Neuhof nach Alt Sallenthin und zurück. Vor allem in den Dörfern sind die meist straßennahen Standorte mit dem PKW zu erreichen, authentisch wäre jedoch eine Radtour, denn auch Feininger bewegte sich zu seinen Mal-Orten in der Regel mit dem Fahrrad, was damals für einiges Aufsehen gesorgt hatte. Ein Rad vom Typ Cleveland-Ohio, den auch Feininger benutzt hatte, befindet sich in der Kunstgalerie von Hannes Albers in Benz, in dem auch einige Originale von Feininger ausgestellt und Kunstdrucke zu erwerben sind.
Das Buch PAPILEO AUF USEDOM ist aber viel mehr als eine Wegbeschreibung. Textautor Martin Bartels lässt seine Leser auf angenehm unprätentiöse Weise teilhaben – an seiner äußerst kenntnisreichen Achtung des Werks von Feininger, an der Liebe zu seiner Heimat, vor allem zu Benz, wo er 40 Jahre lang als Pastor wirkte, und an seinem ansprechenden Stil, der auch bei denjenigen Lesern Interesse weckt, für die Feininger bisher nur ein Künstlername war.
Dazu kommt ein unüberschätzbarer Wert der Recherchen für die Heimatgeschichte, denn die Skizzen Feiningers stellen Zeitdokumente der damaligen Ortsbilder dar, die sich so nirgendwo anders finden. So konnte die Windmühle in Benz im Jahr 2000 originalgetreu restauriert werden – nach einer 90 Jahre alten Skizze von Feininger!
Wie nebenbei erzählt Martin Bartels viele Geschichten aus den „Feininger-Dörfern“, die sich aus den Bildern und deren Entstehung ergeben. Sie entsprangen oft Gesprächen von ihm mit Zeugen, die selbst oder deren Vorfahren noch persönlichen Kontakt mit Feininger hatten. Farblich abgesetzt von der Routen- und Bildbeschreibung sind die persönlichen Eindrücke von Martin Bartels eine wertvolle Bereicherung für den Leser und Ausdruck einer inneren Verbundenheit mit dem Thema.
PAPILEO AUF USEDOM ist ein Buch, dessen Wert nicht durch äußeren Glanz erreicht werden soll. Die eigenwillige, aber benutzerfreundliche Gestaltung mit Ringbindung und das fahrradfreundliche Format stellen den Zweck in den Mittelpunkt.
Allein die vielen Abbildungen von Feininger-Bildern bedeuteten nach Aussagen der Initiatoren einen Riesenaufwand an Genehmigungsanträgen bei den entsprechenden aktuellen Eigentümern und Rechteinhabern, die Arbeit zog sich über Jahre hin. Die ungewohnte Darstellung der Bilder mit dem Erläuterungstext auf der Blattrückseite gewährleistet einen ungestörten Blick auf die Bilder selbst. Manchmal sind historische Fotos von den Motiven als Vergleich herangezogen. Galerien, Museen und Kunstsachverständige aus Deutschland, den USA und Australien haben die Herausgabe unterstützt.
Besonders stolz sind die Initiatoren auf einen persönlichen Brief des einzigen noch lebenden Sohnes von Feininger, Theodore Lux Feininger, aus Cambridge/USA, der sich über das Buch sehr gefreut hat.
Text: Rainer Höll, Fotos © nordlicht verlag
PAPILEO AUF USEDOM
Eine Feininger-Radtour
ISBN: 978-3-00-027062-8
Hrsg: Gemeinde Benz/Usedom 2009
€ 20,-
PAPILEO AUF USEDOM ist in allen Touristinformationen der Insel, in Buchhandlungen und im Otto-Niemeyer-Gedenkatelier oder online unter info@papileo.de zu erwerben.
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